Am Donnerstagabend, den 17. Juli 2025, hielt Prof. Dr. Jürgen Mittag, Leiter des Instituts für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln, einen aufschlussreichen Vortrag zum Thema „Demokratie in Bewegung. Der Arbeitersport in der Weimarer Republik“.
Obwohl der Arbeitersport in der Weimarer Republik mit über einer Million Mitgliedern eine bedeutende gesellschaftliche Massenbewegung darstellte, ist er heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Mittag zeichnete die historischen Entwicklungen nach und betonte die politische und soziale Bedeutung dieser Sportbewegung.
In der Weimarer Republik etablierte sich der Arbeitersport als bewusste Gegenbewegung zu den traditionellen bürgerlichen Sportstrukturen. Er verstand sich als politisches Projekt, das über die körperliche Ertüchtigung hinaus gesellschaftliche Emanzipation, Solidarität und Teilhabe anstrebte. Ziel war es, Sport für alle zugänglich zu machen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Leistungsfähigkeit. Der Fokus lag auf Breiten- statt Elitesport.
Besonders deutlich wurde die politische Dimension des Arbeitersports im Deutschen Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB), der die Umgestaltung der bürgerlichen Gesellschaft hin zu einer sozialistischen Ordnung anstrebte. Wichtige Instrumente dabei waren die Verbandszeitungen sowie die Organisation alternativer Sportereignisse, wie etwa die Arbeiterolympiade 1925 in Frankfurt am Main – ein symbolischer Höhepunkt der Bewegung und ein bewusstes Gegengewicht zu den offiziellen Olympischen Spielen.
Doch innerhalb der Bewegung kam es zu Spannungen. Während einige Strömungen den Klassenkampf befürworteten, suchten anderen nicht mehr den radikalen Gesellschaftsumsturz im Zeichen einer „Diktatur des Proletariats“. Solche Differenzen führten zu einer Spaltung in drei große Sportverbände – bürgerlich, sozialdemokratisch und kommunistisch. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden fast alle Arbeiter-Sportvereine zwangsaufgelöst und enteignet.
In der Nachkriegszeit gab es zwar Versuche der Neugründung, doch der Arbeitersport fand nicht zu seiner früheren Bedeutung zurück. Heute ist er fast vollständig aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden.
Der Vortrag stieß auf reges Interesse. Die anschließende Diskussionsrunde war von vielen engagierten Wortbeiträgen und interessierten Fragen geprägt. Bei einem geselligen Beisammensein in der „Backstube“ klang der Abend in entspannter Atmosphäre aus.