Am Dienstagabend, dem 1. Juli 2025, hielt Dr. Joana Duyster Borredà, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ebert-Gedenkstätte, den Vortrag Friedrich Ebert und die Sterne. Darin widmete sie sich dem spannenden Thema der Astrologie und Verschwörungstheorien in der Weimarer Republik.
Duyster Borredà zeigte anhand der schieren Menge von Publikationen eindrücklich, wie die Sterndeutung in den 1920er-Jahren einen bemerkenswerten Aufschwung erlebte. Himmelsdeuter und Wahrsager warben in Tageszeitungen für ihre Dienste und versprachen Antworten auf persönliche Fragen – oft gegen eine geringe Gebühr. Sie sollten irdische Erkenntnisse durch himmlische Deutung ergänzen, insbesondere im Hinblick auf persönliche und politische Zukunftsvisionen.
Besonders brisant wurde es, wenn Astrologen sich ungefragt der Zukunft von Politikern widmeten. Ein kurioses Beispiel bot der unter Pseudonym veröffentlichende Hermann Leo, der in seinem Werk Präsident Eberts Lebensspiegel (1924) detaillierte Prognosen für die Jahre 1925, 1927 und 1932 über Reichspräsident Friedrich Ebert abgab. Die Fehlbarkeit astrologischer Prophezeiungen wurde dabei auch deutlich, denn Ebert verstarb bereits im Februar 1925.
Auch gewaltsame Todesfälle unter führenden Politikern wurden in solchen Texten mehrfach vorhergesagt – was im Kontext der politischen Unsicherheit der Zeit besonders wirkmächtig war und Verschwörungsdenken weiter befeuerte. Widersprüchliche Entwicklungen wurden nachträglich so umgedeutet, dass sie weiterhin ins gewünschte Narrativ passten.
In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum rückten aktuelle Bezüge in den Vordergrund: der heutige Trend zur Astrologie, ihre mediale Verbreitung und die Frage, inwiefern solche Weltdeutungen wieder Einfallstore für Mythen und radikale Erzählungen sein können.